2.1. Wer waren die Ritter von Nettlingen?


Udo von Nettlingen und seine Sippe


Die Geschichte des Dorfes Nettlingen ist bis zum Ausgang des Mittelalters und darüber hinaus verknüpft mit der des Rittergeschlechtes derer von Nettlingen, dessen letzter männlicher Spross im Jahr 1520 verstarb. Zu der Zeit, als der Kaiser Friedrich Barbarossa an der Spitze des deutschen Reiches stand (1152-1190 ) und sein mächtiger Vetter Heinrich der Löwe Herzog von Sachsen war (1142-95), taucht in den Urkunden der Jahre 1166-1220 ein Udo von Nitheloche (Nethelege) als Zeuge auf. (U.Ho.Hi.I 337)

Von da an reißt die Kette der Träger dieses Namens in den Urkunden nicht wieder ab. Das Geschlecht der von Nettlingen gehörte nicht dem Stande des freien Uradels, der nobiles oder Edelfreien an. Sie werden überall als servi, Diener, milites, Ritter oder famuli, Knappen, bezeichnet. Sie gehörten somit dem Stande der Ministerialen an. Diese waren Dienstmannen weltlicher und geistlicher Herren. Sie versahen Dienste bei Hofe, als Beamte und mit der Waffe. 

Die Mehrzahl von ihnen waren ursprünglich Laten, d.h. Halbfreie, Hörige; eine beträchtliche Zahl von ihnen hatte sich auch aus dem Stande der Freien in den der abhängigen Ministerialen begeben. Für ihre Dienste wurden sie in der Regel belohnt durch Verleihung von Lehnsgütern, Höfen, Grundbesitz und den damit verbundenen Einnahmen und Berechtigungen.



Erst der Name oder erst das Geschlecht?


Durch diesen Besitz an Lehnsgut und z.T. auch an Eigengut (Allod) nahmen diese Ministerialen mit der Zeit an Macht und Ansehen zu und bildeten den Stand des sog. niederen Adels. Zu ihm gehörte auch das Geschlecht der von Nettlingen. Nach dem Orte, in dem diese Ministerialen ihren Hauptsitz hatten, legten sie sich dann, in der Regel etwa seit dem 12.dahrhundert, als es Sitte wurde, seinem Rufnamen einen Familiennamen hinzuzufügen, einen solchen Familiennamen zu.

Der Name von Nettlingen besagt also nicht, dass die Träger dieses Namens au
s Nettlingen stammten, sondern dass sie dort ihr Gut, den Sitz ihrer Familie, hatten. Seit wann das der Fall war, ist nicht mehr festzustellen. Die in den Urkunden von 1166-1337 (U.B.Ho.Hi.I-III) auftauchenden Glieder dieser Familie sind:

  • Udo, erwähnt 1166-1220,
  • Burchard, 1194-1204,
  • Christian, 1211-1227,
  • dessen Tochter Ermantrudis 1215-1227,
  • Ernst, 1214    (U.B.st;Goslar I 393),
  • Christian, Christians Sohn, 1227,
  • Heinrich, 1249,
  • Berthold, wohl der Name von Vater u. Sohn, 1253-1336,
  • Wolfhart, 1294 erschlagen von Berthold von Oldershausen  (Urk.v.Oldersh. Dep.31 St.Arch. Hann.),
  • Deneke u. Bertold, Gebrüder, 1311, leisten der Stadt Goslar Urfehde (Urk.Stadt Goslar III,254 ),
  • Denke,  erw., 1316,
  • Bodo, Bodos Sohn, 1333 und Johann, Bodos Sohn, 1323-1336,
  • Bodo und seine Söhne Burchard, 1333-1336, und Hermann, 1333-1349,
  • Johann, erw., 1333-1349,
  • Dyderik, 1367


Die Jahreszahlen geben nicht die Lebensdaten an, sondern lediglich, in welchem Zeitraum die Personen urkundlich nachgewiesen sind.


Diese alle erscheinen in den Urkunden größtenteils nur m
it ihrem Namen und als Zeugen oder Bürgen; Christian und seine Kinder wurden in Bettmar belehnt, Berthold wurde von Goslarer Bürgern in der Magdeburger Fehde (1297) auf dem Emerberge zusammen mit zwei Grafen von Dassel erfestet, d.h. gefangen genommen (U.St. Goslar IL526), ein gleichnamiger begegnet uns in einer Stadt-Hildesheimer Fehde (1333).


Im Jahre 1323 ging eine halbe Hufe Lehnsgut des Grafen von Wohldenberg in Netelgen; welche Johann v. Nettlingen, der Br
uder Jordans, besaß, an den Ritter Johann v. Salder (Ahnherr des späteren Gutsherrn Curt) über (Urk.Salder I-30). Erst in Urkunden von 1333 an erscheinen Bodo v. Nettlingen und seine Söhne als Lehnsleute des Michaelisklosters in Nettlingen. 


Die von Nettlingen als Geistliche


Vor und nach dem Jahre 1400 begegnen uns auch Mitglieder der Familie von Nettlingen im  geistlichen Stand: So war von 1378 bis 1398 Konrad von Nettlingen Kanonikus des Kreuzstiftes in Hildesheim; 1409 und 1420 war Johann (Hans) v. Nettlingen Domherr von Halberstadt – der zusammen mit den Gebrüdern Werner, Hans und Heinrich dem Bartholomäusstift und der Sülte in Hildesheim einen Hof in Grasdorf a.d. Leine (bei Laatzen), wohl aus dem bischöflichen Lehen, überlässt. 

Als Konventualinnen (Nonnen) des Klosters Wülfinghausen finden wir 1393-1414 Alheid v.  Nettlingen, die dort 1407–16 die Würde der Priorin bekleidete, ferner deren Nichten Ilsabe (oder Elisabeth) und Abela v. Nettlingen 1443 (U.Ho.Hi., Zeitschrift f. Nieders. 1861, S.158-193 und Harenberg, Gandersheim, S. 900). 

Die reichen Besitztümer der Familie und woher sie kamen


Die Familie hatte ihre großen Besitztümer aus insgesamt drei verschiedenen Quellen bezogen. Von wem die von Nettlingen großzügig belehnt wurden und wo sich die Höfe und Grundstücke befanden, ist in den folgenden Kapiteln nachzulesen. Außerdem viele teils auch überraschende und spannende Fakten über Orte, von denen man nicht gedacht hätte, dass sie um 1500 bereits bestanden, und Orten, von denen man heute gar nicht mehr weiß, dass es sie mal gab.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen