3.1. Feste feiern für den guten Zweck: Was war der Kaland?


Wohltätigkeitsclub des Mittelalters


Im Laufe des Mittelalters entstanden in Städten und größeren Dörfern zahlreiche kirchliche Vereinigungen und Bruderschaften, die der Pflege des religiösen Lebens, der Nächstenliebe, der gegenseitigen Hilfe, später auch der Geselligkeit dienten. Zu diesen gehörten die sogenannten "Kalande", örtliche Wohltätigkeitsverbände, die besonders in Norddeutschland verbreitet waren. Ihre Mitglieder waren zunächst Geistliche, dann auch Laien – meist wohlhabende Bürger.

Ihr Zweck war die Förderung des Seelenheils durch gottesdienstliche  Veranstaltungen und durch Sorge für das Abhalten von Seelenmessen für die verstorbenen Mitglieder des Kalands. Auch die Geselligkeit wurde durch regelmäßige Zusammenkünfte und gemeinsame Mahlzeiten gepflegt. Diese Zusammenkünfte fanden ursprünglich, so nimmt man an, an den ''Kalenden'' des Monats, d.h. am Monatsersten, statt. Daher rührt vermutlich der Name "Kaland".


Durch Stiftungen der Mitglieder besaßen die Kalande ein ansehnliches Vermögen an Geld und Ländereien. Viele Kalande hatten am Sitz des Kalands auch ein Kalandshaus, in dem man zusammenkam. Bei wachsendem Reichtum mancher Kalande arteten die Zusammenkünfte vielfach zu mehrtägigen Schmausereien aus, sodass es im Volk im Blick auf sehr ausgiebige Feiereien hieß: „Er kalendert die ganze Woche.“


In vielen Fällen hängt die Entstehung der Kalande damit zusammen, dass die Geistlichen eines "Bannes" (Bezirk der Kirchengemeinde) oder eines Archidiakonatsbezirks, die zu regelmäßigen jährlichen Zusammenkünften im Bannort verpflichtet waren, sich in einem Kaland noch enger  zusammenschlossen, zu dem dann auch Laien hinzukamen. So finden wir im Stift Hildesheim in einer ganzen Reihe von Archidiakonatsorten gleichzeitig einen Kaland. So war es auch in Nettlingen: Fast alle dem Bann Nettlingen um 1520 angehörigen Geistlichen waren auch Mitglieder des Kal
ands (Kalandsherren). (Ein Kalandsherr von Wöhle, welches zum Bann Nettlingen gehörte, wird 1520 nicht erwähnt.) 


Beim Nettlinger Kaland tritt die enge Verbindung mit der Archidiakonatsorganisation auch darin deutlich zutage, dass im Jahresterminkalender des Kalands auch die jährlichen Synoden, die eine Veranstaltung des Bannes waren, mit aufgeführt sind. Außer den Geistlichen, den Kalandsherren, gehörten dem Nettlinger Kaland auch Laien als Kalandsbrüder an, die sich durch Stiftungen „eingekauft“ hatten.


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen