Ausgewandert nach Hildesheim?
Seit Ende des 14. Jahrhunderts finden
wir in den Urkunden der Stadt Hildesheim (Döbner) eine Reihe von Gliedern der Familie
v. Nettlingen als Bürger in Hildesheim, teils in der Bürgerschaft am Stein; teils
im Hagen - nämlich Günther, Cord, Henning, Lüdeke und die Brüder Hans und
Werner, Hans und Heinrich (III, 1117), ferner Werner und seine Frau Sophie (III, 1224). An Werner und seinen
Bruder Hans verkaufte das Michaeliskloster seinen zwischen der Abtei und dem Hause
der Lodewighschen gelegenen Kämmereihof für 64 rheinische Gulden zu lebenslänglichem Besitz.
Wenn es sich im Memorienbuch
des Nettlinger Kalands von 1520 (Jahrb. d. Gesch. f. ns. Kirchengesch., 1951) bei der
Sophie von Nettlingen, für die eine jährliche Totengedächtnisfeier in der
Kirche zu Nettlingen gehalten wurde, um die gleiche Person handelt, so muss
Werner von Nettlingen trotz seines Hildesheimer Wohnsitzes auch zu Nettlingen
in naher Verbindung gestanden haben. Das gleiche dürfte wohl auch von anderen in
Hildesheim weilenden Gliedern dieser Familie zu vermuten sein.
K. Kayser behauptet in seinem
Abriss der Geschichte Nettlingens, dass die Familie von Nettlingen ihren
Lehnsbesitz in Nettlingen nicht habe aufrecht erhalten können und dass wir
daher seit 1387 Glieder dieser Familie nur noch als Hildesheimer Außenbürger
fänden; an ihre Stelle seien in Nettlingen als Inhaber "des Burgsitzes" (?) die von Salder getreten. Diese auch in
den "Kunstdenkmälern des Kreises Marienburg“ und anderswo vertretene
Ansicht ist in mehrfacher Hinsicht unhaltbar.
Zwar gab es damals auffällig viele Glieder der Familie von Nettlingen in Hildesheim, und die von Salder nahmen damals in Nettlingen an Macht und Besitz zu. Andererseits hat die enge Verbindung der von Nettlingen zu Ort und Gut Nettlingen seit 1358, wo, wie wir sahen, Johann von Nettlingen ein Grundstück „innerhalb der Zäune und Gräben“ erblich erwarb, bis zum Erlöschen des Mannesstammes im Jahr 1520, nie aufgehört.
So findet sich das Wappen der
von Nettlingen in dem 1328 erbauten und später ausgemalten Chorraum der Kirche.
Eine Sophie von Nettlingen, vermutlich Werners Frau, ist unter den
Memorienstifterinnen des Nettlinger Kalands. Heinrich von Nettlingen wird 1458
oder später vom Bischof Ernst, sein Sohn Hans 1471 vom gleichen Bischof,
Heinrich von Nettlingen 1465 vom Michaeliskloster mit Gut in Nettlingen
belehnt.
Es ist nicht anzunehmen, dass
um 1400 die von Nettlingen für eine Zeitlang Güter und Wohnsitz verloren haben.
Jedenfalls finden wir sie nach den Urkunden im 15. Jahrhundert in Nettlingen
begütert.
Urkundliche Erwähnungen der von Nettlingen
Aus den rund 20 Urkundenabschriften des 15. Jahrhunderts, die sich zumeist in den Hildesheimer Lehnsakten Vol I. des Staatsarchives, z.T. im Hildheimer Dom-Archiv, finden, war es mir bislang nicht möglich, ein ganz klares Bild über die Familienzusammenhänge zu gewinnen. Doch dürfte feststehen, dass in der Reihe der Hauptlehensträger - auf den zuerst im Jahr 1402 (mit einer Reihe von Söhnen) genannten Hans von Nettlingen gegen Mitte des Jahrhunderts ein Hinrich "de Older", dann im letzten Drittel des Jahrhunderts wieder ein Hans, Hinrichs Sohn, und seit 1499 wieder ein Hinrich, Hans‘ Sohn, mit dem 1520 das Geschlecht im Mannesstamm erlosch, folgte.
Im Einzelnen hebt sich folgendes heraus: 1402 verkaufen Hans und seine Söhne an den Dekan und den Vikar am "Altar unserer ersten Frau" im Moritzstift 3 Hufe Land in Nettlingen, die zum Wipperhof gehören, und 1 Hof in der Kornstraße bei Henni Carstens Hof, "darauf er wohnt", mit Zustimmung des Michaeliskosters. 1402 verkaufen Hans von Nettlingen und seine Söhne ans Michaeliskloster 6 zehntenfreie Hufen im Dorf und den Langen Hof, "welcher liegt gegen den Sattelhof und geht an den witten Graben und an die Mummenstraße" (aus dem bischöflichen Lehen) für 350 Gulden, gegen Wiederkauf.
- 1420 Hans von Nettlingen, Domherr von Halberstadt, und die Gebrüder Werner, Hans und Hinrich, Söhne des Hans, verkaufen einen Hof in Grasdorf (aus dem bischöflichen Lehen) an Bartholomäusstift und Sültekloster in Hildesheim. (In welcher verwandtschaftlichen Beziehung der Domherr u den übrigen von Nettlingen steht, ist unklar.)
- 1426 kaufte Werner, dessen Frau und sein Bruder Hans den Kämmereihof in Hildesheim. Ein Sohn Werners, Hinrich der Jüngere, lebte gleichzeitig mit seinem Cousin Hinrich dem Älteren in Nettlingen und starb kurz vor diesem.
- 1511 legten beide Cousins einen Streit wegen 6 Hufen Lehnsland mit dem Michaeliskloster bei. (Dom-Arch. 950, Bl.16) Im Streit Curt v. Salders um das Vorholz um das Jahr 1570 erinnerte man sich in Nettlingen noch dieses jüngeren Heinrich.
- 1456, Heinrich „de Older“ und seine Söhne Hans und Werner, Inhaber von 3 Hufen des Michaelisklosters in Nettlingen, die sie zur Zeit bebauen, haben vom Godehardi-Kloster empfangen 50 rheinische Gulden gegen eine Jahresrente von 3 Gulden, gegen Rückzahlung.
- Nach 1458, Belehnung des Heinrich von Nettlingen durch Bischof Ernst (Deiters, Lehnbuch)
- 1465 Lehnsrevers des Hinrich von Nettlingen für Michaeliskloster
- 1471 desgleichen für Hans von Nettlingen (s.o.)
- 1475 Hans v. Nettlingen, Sohn des verstorbenen Hinrich (Lehnsbrief des Michaelisklosters)
- 1475/76 ist Hans Bürge für Aschwin von Salder (U. Salder 1704,1720)
- 1482 Hans von Nettlingen, Spiegelbergscher Lehnbrief (Staatsarch. Marburg, Spiegelb. Lehen)
- 1496 Hans von Nettlingen verpflichtet sich gegen das Michaeliskloster zur Einlösung der an das Kloster Steterburg verpfändeten 2 Kothöfe; derzeitiger Inhaber des einen Hofes war ein Hinrich Kohler. Erwähnung der Ohe. Bürge ist Hans‘ Schwager Hinrich von Salder. Eine Schwester von Nettlingen hatte im späten 15. Jahrhundert also einen von Salder geheiratet.
- 1490 Hans von Nettlingen verkauft dem Domkapitel Land und Höfe in Garbolzum und Wöhle für sich und seinen unmündigen Bruder Hinrich, der später zustimmen soll. Dieser Hinrich kommt sonst nicht vor. (U. Salder II 1837)
Wenn jene Nachricht aus dem Erb- und Amtsbuch der Rittersitze
der von Salder (vergl. Chronik v. Nettlingen, Die v. Salder) stimmt, so
erwarb Hans von Nettlingen oder vielleicht schon sein Vater Güter in Nettlingen
aus dem Besitz der von Salder, die erst nach der Stiftsfehde an diese
zurückkommen sollten, nämlich 2 Hufen und 1 Hufe zu Helmersen, den ganzen
Zehnten in Nettlingen, 15 Holthove Landes, 2 Sadelhöfen, 14 Kothöfen.
Was mit den Holthufen (viell. Waldland, Ansprüche auf Holz?) und den 2(!) Sadelhöfen gemeint ist, ist unklar.
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